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Pünktlich zur Jahrtausendwende begeisterte Regisseur Christopher Nolan mit “Memento” –
einem Erfolgsthriller, dessen Handlung am Ende der eigentlichen Geschichte beginnt. Im
Laufe des Films fügen sich die Puzzleteile wie von selbst zusammen, bis die Geschichte
schlussendlich ein großes, beeindruckendes Ganzes wird. Wer die Bandgeschichte von
Stanfour kennt, wird zugeben, dass sich Parallelen zu Nolans Meisterwerk nicht
wegdiskutieren lassen.
Viele europäische Musiker haben ihre Bandprojekte in der Heimat aufgegeben, um ihr Glück
in Hollywood zu versuchen. Alexander Rethwisch und sein jüngerer Bruder Konstantin taten
es hingegen genau umgekehrt. Sie hatten sich im Land der unbegrenzten Möglichkeiten
einige Jahre der Filmmusik gewidmet. Das klappte gut, dennoch zog es die Brüder nach
einiger Zeit zurück nach Deutschland. Sie kehrten zurück in ihre Heimat, auf die Insel Föhr,
fanden Ruhe um Songs zu schreiben und hatten im Handumdrehen genügend Material für
ein ganzes Album zusammen.
Mit ihrer Band Stanfour unterschrieben sie einen Majordeal bei Universal Music und
nahmen ihr Debütalbum mit verschiedenen namhaften Produzenten auf. Daraufhin fanden
sie sich innerhalb kürzester Zeit im Rampenlicht wieder, zwischen diversen Superstars und
auf großen Festivalbühnen, im Gepäck ihre Debüt-Hits „For All Lovers“, „Desperate“ und als
3tter Hit vom ersten Album, das betörende „In Your Arms“ – aber das war erst der Anfang.
Aber der ganz große Erfolg kam zwei Jahre später: Stanfour produzierten ihr Studioalbum
„Rise & Fall“ in Eigenregie und gleich nach der Veröffentlichung im Jahr 2009 schaffte die
Platte es auf Anhieb in die Top 10 der deutschen Charts. Zwischenbilanz: „Rise & Fall“ steht urz vor der Platin-Auszeichnung, die Single „Wishing You Well“ erreichte Goldstatus, die
Folgesingle „Life Without You“, geschrieben zusammen mit One Republic Mastermind Ryan
Tedder, war ein Dauerbrenner im Radio. Obendrauf zwei ausverkaufte Tourneen und
Einladungen von Pink und A-ha deren Special Guest zu sein.
So weit, so gut. Für manch andere Band bringt schneller Erfolg auch Probleme mit sich. Es
wurde also durchgeatmet. Stanfour wollten sich selbst treu bleiben, aber einfach da
weitermachen wo man zuletzt war, wäre zu einfach gewesen. Sich selbst neu zu erfinden
galt es, sich dabei aber nicht selbst zu verlieren. Also setze man sich im eigenen Studio auf
Föhr, in Hamburg und in London zusammen, um an einem neuen Album zu feilen. Songs
wurden entworfen, Melodien auf den Kopf gestellt, Arrangements verworfen und wieder von
vorn begonnen. Dem Ergebnis hört man an, dass sich die Pole verschoben haben: „October
Sky“ ist eine Einladung in die große und offene Weite.
Stanfours drittes Album zeigt eine Band, die sich als Einheit fühlt und auch so klingt: Alex
Rethwisch (Keys, Produktion), Konstantin Rethwisch (Gesang), Paul Kaiser (Drums),
Christian Lidsba und Heiko Fischer (Gitarren). Jazz-Echo-Gewinner Heiko Fischer und
Drummer Paul Kaiser stießen bereits zum letzten Album zur Band, das kreative Gefüge
konnte sich aber pünktlich zu „October Sky“ noch weiter entwickeln und neue Impulse
einbringen. In Fern Kinneys Worten: „Together we are beautiful“, wie es auch im Titelsong
des Albums heißt.
„October Sky“ ist an der Grenze, gerade noch Pop zu sein. Flächen, aber auch akribische
Tiefe in der Produktion sind zu hören, die man vielleicht irgendwo zwischen Muse und Pink
Floyd erwartet hätte.
Stanfour arbeiteten auf dem Weg zum fertigen Album unter anderem mit Iain Archer, Sacha
Skarbek und Tedd T, dem Grammy-Gewinner von Mutemath, aber eben auch mit Dave
Bascombe, der für seine Arbeit mit Bands wie Depeche Mode, Lady Antebellum und
Goldfrapp bekannt ist. Kreative Limits sollte es keine geben, musikalische Grenzen waren
unerwünscht, es ist ein Album voll wirklicher Liebe zum Detail in der Musik, einer seltenen
künstlerischen Ernsthaftigkeit und einer tieferen Dimension, wie sie in der heutigen digitalen
One-Track Welt nur noch selten gemacht werden.
„Es ging uns darum unseren Sound weiterzuentwickeln, anstatt uns an anderen
Produktionen zu orientieren. […] Wir wollten organische und elektronische Elemente
ausbalancieren. Wir haben haufenweise alte Instrumente und Gitarren gespielt, aber die
elektronischen Sounds ziehen sich wie ein roter Faden durch das Album.“
Gemischt wurde das komplette Album von Tom Lord-Alge in den Southbeach Studios in
Miami, Lord-Alge schafft einen Sound wie nur wenige andere, seine „Hit-List“ ist quasi
unendlich, deswegen freut es natürlich wenn einer wie er sagt: „Stanfour have created a
magnificient production full of wonderful tracks and will find a spot inbetween some really big
names with this record.“
Die Texte von Stanfour funktionieren beim Stadionkonzert genauso gut, wie auf dem iPod,
im Auto und im Bus, früh am Morgen und spät in der Nacht. So liefert der Titelsong des
Albums „October Sky“ Songzeilen voller Zuversicht: „In the black October sky / Look for a
glimpse of light.“ Egal wie herbstlich düster alles aussehen mag und wie heftig die Wellen an
die Küste schlagen – wir können es schaffen. Die maritime Bildsprache ist für Stanfour ganz
selbstverständlich und nicht erzwungen – ihre Songs erzählen vom Gezeitenwechsel und
von den Wellen, die auf die Küste treffen aber auch von Selbstvertrauen und den Glauben
an ihre Kunst. So heißt es im Song „Even If”, der übrigens den Start der US Serie „Touch“
musikalisch untermalt: “Even if you take my crown, I’m still the King, even if you seize my
land, I feel at home.“